Trinken wir Bruderschaft . . .

Es gibt Menschen, die mit allerWelt „per Du” sind. Man frägt sich, wie das möglich ist, denn das „Du“ setzt hoch einen gewissen und bedeutenderen Grad von Intimität voraus oder es hat ein solches Verhaltneß zur Folge; wie aber in aller Welt fängt man es an, sich so viele Freundschaften zu erwerben und zu erhalten? Die Antwort ist sehr einfach:die Duz Freundschaft ist in der Regel ganz bedeutungslos; sie entsieht zumeist ohne Erwägung der Folgen und der Verechtigung eines solchen vertraulichen Uebereinkommens, im Festestaumel, beim Weinglas – ja vornehmlich in der versöhnlichen, das ganze Weltall mit Liebe umfassenden Zecherlaune, in der gehobbenen Stimmung des sich bereits mehr oder weniger deutlich anmeldenden „Schwipses“ in der Verfassung, die Schiller mit dem Vers:

„ Seid umschlungen Millionen
Diesen Kuß der ganzen Welt"

charakterisirt, während der Wiener dafür den Eove Ruf:

„ Verkauft’s mei G’wand,
I fahr‘ in Himmel!“ gefunden hat."

In solchen Augenblicken entstehen „Bruderschaften“ die weder durch verwandschaftliche, noch durch sociale, durch Gemüths-oder Sympathie-Rücksichten ernsthaft begründet sind, oder auch nur erklärlich erscheinen.

So ist die „Bruderschaft“ ganz untrennbar vom Becher, mit dem das Bündeniß ja auch bestiegelt wird – das, wie gesagt, in den allermeisten Fällen in einem besonderen Ausnahmszustand des Gemüths, um es rücksichtsloser und wahrhafter oder späteren Studium der „Ungetrunkenheit“ geschlossen wird.

Es ist noch Niemandem eingefallen, Einem unter Tags, oder am Morgen, etwa nach dem Kaffee, den Antrag zu machen: „Sagen wir Du zu einander;“ es hat noch Niemand auf der Promenade am besten Tage seinen Begleiter, sei er ihm noch so sympathtisch, mit dem Geständniß überrascht: „Ich habe den lebhaftesten Wunsch, zu Ihnen Du zu sagen – wenn Sie erlauben,“ oder auch auf briefstichem Wege kommt dieses Du-Verhältniß nicht zu Stande.

Keiner hat noch seinem Freund geschrieben: „Mit Ihnen Bruderschaft anzubieten und Sie mit „Du“ anzureden !“ . . .

Auch die Studiosen, die durch viel Gemeinschaftliches: Jugend, Lebensgang, Ziel und – Begeisterung verbunden sind, trinken „Smollis“ es geht eben gar nichts ohne den Becher. Nur Carlos durfte unter freiem Himmel und aus „heiler Haut“ seinen Posa mit den Worten anreden:

„ Nenn mich Du:
Ich habe Deinesgleichen stets beneidet,
Um dieses Vortrecht der Vertraulichkeit,
Dies brüderliche Du betrügt mein Otzel ….“

Das Studenten-Du war übrigens früher allgemein; Gottingen und Heidelberg haben diesen alten Brauch abgeschaftt, die anderen Universitäten haben Beispiel befolgt.

Es ist eigenthümlich, daß viele Menschen im Du-Verkehr von ihrer Liebenswürdigkeit verlieren. Das „Du“ füllt in sehr zahlreichen Fällen die trennende Kluft nicht nur nicht aus, es erweitert sie oftmals sogar; die Intimität wird mißbraucht und Menschen, die sich „per Sie“ ganz gut vertragen hätten, entfremden sich und werden sogar noch „Du-Fiende.“

Das Unbieten des vertraulichen „Du“ wird bei Bieten zur Manie. Besonders die Wirthshausbrüder, die gewissen gemüthlichen und besirickerden Naturen, die – wenn man genauer hinsieht, erfährt man’s, freilich nur am Stammtisch so charmant und liebenswürdig sind – die verfolgen gewohnheitsmäßig auch oberflächlichere Bekannte mit der Offerte der „Bruderschaft,“ und wenn sie auch einmal ein Refus bekommen, so schreckt sie das nicht ab.

„ San ma Freund,
Sag’n ma Du.“

Das ist der Vorschlag „zur Güte,“ der ihnen stets auf den weinfeuchten Lippen schwebt: denn wohlgemerkt, der Wein, nicht das dickflüssigere schwere Bier ist der Weihetrank der Brüderschaften.

Ganz ohne Vorbereitung und Verabredung tönt in die Seligkeit des Kusses das traute „Du“ hinein. Es löst das Lebens- und Liebesräthsel, und sinnreich ist des Dichters Auslesgung, der vom „Du“ der Liebesleute sagt:

„ ……O hör vertrauensvoll dem trauten,
Dem schönsten Liebesworte zu,
Der schmeicheindste von allen Lauten.
Und doch das wahrste ist das „Du!“

„Du“ weist den Zweifel selbst zur Ruh‘:
D’rum sass‘ geduldig Dich umstricken
Vom folgereichen – ersten „Du“ „



Literal translation .......wörtliche Übersetzung ........

Let's Drink to Brotherhood . . .

There are people who are "by you" with all the world. One asks oneself how this is possible, for the "you" highly presupposes a certain and more significant degree of intimacy, or it results in such a relation; but how in the world does one begin to acquire and maintain so many friendships? The answer is very simple: the Duz friendship is usually meaningless; Mostly, without considering the consequences and the justification of such a confidential agreement, in the festive tumult, in the wine glass-above all in the conciliatory, the whole universe with a great deal of zesty humor, in the high spirits of the already more or less clearly registering "cigarettes" in the constitution, the Schiller with the verse:

Be embraced, millions
This kiss for the whole world

characterizes, while the Viennese call for the Eove (sic ?):

Sell my estate,
I go to Heaven!

At such moments "fraternities" arise which are neither seriously founded by family, nor by social, emotional, or sympathy considerations, nor even appear to be understood.

Thus the "brotherhood" is quite inseparable from the cup, with which the confederacy is indeed sealed - which, as said, in most cases in a special state of exception of the mind, is closed to it ruthless and true or later study of "not-drunkenness.",

It has never occurred to anyone to make one request during the day, or in the morning, perhaps after coffee: "Let us say to one another;" no one on the promenade has his companion on the best days, even if he were so sympathetically, with the confession surprised: "I have the most vivid desire to say you to you - if you permit," or by letter-stichem way this Du-ratio does not come to pass.

No one has yet written to his friend: "To offer brotherhood with him and to address him as" you "!". , ,

Even the students, who are connected through a great community: youth, life, goal and - enthusiasm, drink "Smollis"; nothing is possible without the cup. Only Carlos was allowed to address his Posa under the open sky and "healthy skin" with the words:

Call me "you:"
I have always envied your kind,
For this privilege of confidentiality,
This fraternal Du cheats on my otzel ....

Incidentally, the student-you used to be common; Gottingen and Heidelberg have dismissed this old custom, the other universities have followed example.

It is peculiar that many people in the intercourse lose their kindness. The "you" not only does not fill in the dividing divide in very many cases, it often even expands it; the intimacy is abused and people who have "got on well with each other" alienate themselves and even become "du-fiende."

The bidding of the confidential "you" becomes a mania when bidding. Especially the innkeepers' brothers, the kindly and sympathetic natures who - if one looks more closely, one learns, are of course only at the Stammtisch so charming and amiable - pursue the habitually even more superficial acquaintances with the offer of "brotherhood," and if they once get a refuse, so she does not scare this.

San ma friend,
Tell me "you".

This is the suggestion "to kindness," which always hovers on their lips wet with wine: for mind, the wine, not the thicker heavy beer is the Weiemitrank of the brotherhoods.

Completely without preparation and date, the daring "you" sounds in the bliss of the kiss. It dissolves the love of life and love, and ingenuity of the poet's readings, which says of the "you" of the love people:

... O hear faithfully intimacies
The best of all sounds.
And yet the truest is the "you!"

"You" rejects the doubt itself:
DUs sit patiently about you
From the following - first "you"



Peter R K Wagner
den 13 Januar 2018

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